Stille

Die Wellen des Denkens
verlangen so viel von der Stille.
Dabei gibt sie kein Widerwort,
sie antwortet und streitet nicht.
Sie ist die heimliche Urheberin jedes Gedankens,
jedes Gefühls,
jedes Augenblicks.
 
Stille
 
Sie spricht nur ein einziges Wort.
Und dieses Wort ist nichts als Dasein.
Kein Name, den du ihr gibst,
berührt sie,
fängt sie ein.
Kein Verstand
kann sie erfassen.
 
Das Denken wirft sich gegen die Stille,
will eingelassen werden.
Doch nichts Erdachtes kann hinein
in ihre leuchtende Dunkelheit,
ihr reines, lächelndes
Nichtsein.
Das Denken stürzt sich
auf heilige Fragen.
Aber die Stille bleibt
unbewegt von dem Wüten.
Sie bittet um nichts.
 
Nichts
 
Aber das gibst du ihr nicht,
denn es ist der letzte Heller
in deiner Tasche.
Und du würdest ihr lieber
mit Forderungen kommen als
mit deinen heiligen leeren Händen.

Adyshanti, Tanzende Leere, S. 83f.

Kommentar

Im Kapitel über die Stille bringt Ayshanti diesen Text, in dem, so scheint mir, etwas Wesentliches zum Ausdruck kommt. Immer wieder, wenn ich diesen Text lese oder höre, schaue ich das Nichts in mir auf eine neue, sanfte, dankbare Art an. Etwas in mir entspannt sich und gibt sich diesem Nichts hin. Und jedes Mal, wenn das geschieht, erhellt und erwacht ein tiefes Sein in mir. Ich kann gar nicht sagen, dass ich mich ihm überlasse. Es ist keine Aktivität. Es ist ein Aufgehen in dem, was ich bin – keine Anstrengung, kein Tun, kein Verhindern, kein Irgendwohin-Wollen.

Martin Rafael Steiner

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